Rezension von Peter Streiff, Redaktion Stuttgart
WEG ZUR GLOBALEN DEMOKRATIE
»Eine andere Welt ist nicht nur möglich, eine andere Welt ist machbar.« Mit diesem ersten Satz gibt Peter Staub eine klare Richtung vor. Denn in seinem Buch »Die blaue Revolution« skizziert er, warum er es für machbar hält, dass die Menschheit den Nationalismus überwinden und sich in »einer globalen, grenzenlosen Demokratie« organisieren könne.
Zugegeben: Angesichts der aktuellen Corona-Krise sind bereits mehrere Konzepte unterschiedlicher Autor*innen mit teilweise radikalen Forderungen erschienen. Besonders interessant scheint mir Staubs Ansatz jedoch deswegen, weil er nicht bei utopisch klingenden Ideen stehen bleibt, sondern mit einer »Bundesverfassung der Vereinigten Staaten der Welt« einen ausformulierten Entwurf zur Diskussion vorlegt. Basierend auf der aktuellen schweizerischen Verfassung hat er einige Verbesserungen vorgenommen, um sie »zukunftstauglich« zu machen.
Der Autor beschreibt in zwei parallel verlaufenden Erzählsträngen die Entwicklung seines Entwurfs: Ausgehend von der aktuellen Krise und den Klimaprotesten werden in acht historischen Kapiteln verschiedene Wurzeln der Demokratie sowie die revolutionären Entwicklungen in Frankreich, den USA und in Haiti vorgestellt. Auch die gesellschaftlichen Auswirkungen von Flucht und Migration sowie die Debatte um die Aufwertung von unbezahlter Care-Arbeit werden beleuchtet. Außerdem legt der Autor einen speziellen Fokus auf verschiedene Ansätze der Wirtschaftsdemokratie – von selbstverwalteten Betrieben, dem dritten Weg des »Prager Frühlings« bis zu aktuellen Nachhaltigkeitskonzepten, die sich »an den Bedürfnissen aller Menschen« orientieren sollen.
Zwischen den historischen Kapiteln hält Staub Rückschau auf 40 Jahre seines bewegten politischen Lebens, das reich an unterschiedlichen Erfahrungen ist: Aktivist für die schweizerische Armeeabschaffungsinitiative, Gewerkschaftssekretär, Koordinator für selbstverwaltete Betriebe und Tageszeitungsjournalist sind nur einige seiner Stationen. Politische Vorstöße und markante Ereignisse sind dabei eng mit seinem persönlichen Alltag verwoben. Was anfangs für den Leser ungewöhnlich wirkt, macht im Verlauf der Lektüre Sinn, denn mit den Schilderungen seines Werdegangs gewinnen die Eckpunkte seines Vorschlags an Glaubwürdigkeit: Solidarität, Gewaltfreiheit und eine als Graswurzelbewegung sich entwickelnde »Massenmobilisierung« sollen zur »blauen Revolution« führen.
Die anfängliche Befürchtung, der Autor preise seine etwas modifizierte Verfassung der Schweiz als das einzig Wahre, relativiert sich nach den ersten Seiten: Das flüssig und leicht lesbare Werk ist gespickt mit selbstkritischen, auch teilweise wenig bekannten Anekdoten aus dem Leben eines streitbaren Optimisten.